Der Horn – Händler
"Le Marchand de Corne", zu deutsch: "Der Horn – Händler".
Der Stich zeigt schon nur noch florales Gezier um das ovale Bildnis. Es stammt aus den Jahren zwischen 1775 und 1785. Das verblüthe Rokoko ist hier schon fast gänzlich verschwunden und wird überwiegend in seinen Resten vom floralen frühen Klassizismus überwuchert. Unterhalb des Bildnisses befindet sich ein reines kreisrundes Anhängsel, welches die letzten Reste des Rokoko bewahrt hat. Nämlich eine Genie. Neben dieser Abbildung befindet sich zu beiden Seiten jeweils ein Vierzeiler, welche ich nun als erstes transkribieren und übersetzen werde.
Beginn mit dem Zeiler zur Rechten des Amulettes:
" Le Marchand aux Maris Approchez done, venez choisir, Messieurs, dans la boutique entiere, Et de moins j`aurai le plaisir De Porter l`eau dans la riviere."
Übertragung ins deutsche:
"Der Händler zu dem Ehemanne: Kommt näher und wählt aus, meine Herren, im ganzen Laden... Und wenigstens werde ich das Vergnügen haben um Wasser zum Flusse zu bringen."
(Wasser zum Flusse zu bringen, hat hier eher die Bedeutung, die Säfte der Herren zum fliesen zu bringen)
Nun weiter mit dem Zeiler zur Linken des Amulettes:
"Les Maris au Marchand Cet object ne peut nous tenter; Bonhomme, c`est trop tard t`y prendre. Helas! bien loin d`en acheter."
Übertragung ins deutsche:
"Der Ehemann zum Händler: Diese Waren können uns nicht in Versuchung führen; Es ist zu spät um es zu brauchen, Ach, wie weit sind wir davon, um es brauchen zu können."
Als nächtes wende ich mich dem kreisrunden Anhängsel zu und seinem Inhalt. Das Amulett besteht aus einem schmaleren äusseren Kreis und einem etwas breiteren inneren Kreis. Im Inneren befindet sich die Abbildung einer Genie. Beim genaueren Hinschauen allerdings, kann man den Hut eines Jägers auf deren Kopfe und einen Köcher Pfeile entdecken. Es ist als ein sogenannter Cupido. Cupido ist in der griechischen Mythologie der Begleiter und Empfänger der aus den Wellen aufgestiegenen Aphrodite. Ein Vasall der Liebesgöttin. Ein kleiner Amor. Auch diese kleine Genie trägt einen Korb mit Hörnern bei sich. Ein damals, in zerriebenen Zustand, gehandeltes Potenzmittel um die Manneskräfte zu stärken. Die Genie steht auf einer Fläche hinter welcher sich ein wallender Vorhang befindet, ähnlich den Schaubuden auf den damaligen Marktplätzen. Jägerhute der Genie befindlich eine Rosenblüte. Dieses kleine Anhängsel soll die reine Begierde darstellen und nicht wie auf den obigen großen Bilde die schmutzige Wollust. Nun zum großen ovalen Bilde. Um den oberen Teil des Rahmens rankt sich wilder Wein und Himbeeren, als Zeichen der süssen Verführungen, welchen der Alkohol bringen soll, aber auch die Worte des Händlers sind. Ganz oben am oval das schon sich anzeichnende Schändliche der gesamten Situation. Die Hörner. Die Hörner als Trophäe eines betrogenen Ehegatten, durch die Wirkung des zerriebenen Hornes. Diese beiden Hörner sind am Ende noch mit einer lieblichen Schleife umzogen. Der Händler selbst, kommt als sehr unheimlich wirkender Geselle daher. Unrasiert, eine Warze als Zeichen der Falschheit im Gesicht, wie es damals auch bei Weibern als Hexenzeichen galt. Er hat zum Äußeren hin etwas Schweinsartig gezogene Augen und buschige Augenbrauen. Dies alles zeigt schon, das er charakterlich nicht als sauber angesehen werden soll. Im Munde fehlen, außer drei Zähnen im Unterkiefer, wahr-scheinlich alle restlichen. Man kann von einem ungefähren Alter zwischen 30 und 40 Jahren ausgehen, was den Händler betrifft. In der rechten Hand ein Horn zum angebot winkend emporgehoben, steht er vor einer Art Gartenzaun und versucht seine Ware anzubieten. An seiner Jacke auch ein Horn als eine Art Schmuckstück angebracht. Dieser Bursche ist die personifizierte Wollust. Der personifizierte Ehebruch. Etwas sehr Böses. In seinem Körbchen winden sich die Hörner wie Schlangen. All dies soll das satanische der ganzen Sache darstellen. Der Herr mit welchem er spricht, hat nun aber kein Interesse an dem Angebot. Er ist wohl schon sehr in die Jahre gekommen, was die beiden letzten Zeilen des rechten Vierzeilers sagen wollen.
© by Jens Geutebrück
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