Glieder der Familie Jacobs und ihr Wirken in München
Glieder der Familie JACOBS und ihr Wirken in München[1].
Die Gothaer Familie Jacobs hat, so möchte man meinen, kaum etwas mit der Bayerischen Hauptstadt München zu tun. In der Zeit, da der Gelehrte Friedrich Jacobs in Gotha lebte, bedeutete es noch eine Weltreise, um von Gotha nach München zu gelangen; um 1800 benötigte man dazu noch 5 Tage. Doch haben einige Glieder der Familie in München gewirkt, zeitweise oder sogar lebenslang. Als Erster ist zu nennen der schon erwähnte Christian Friedrich Wilhelm Jacobs, der von 1764 bis 1847 lebte. Er war Altphilologe, sprach fließend Lateinisch und Griechisch und hatte ein Stelle als Professor am Gymnasium Illustre zu Gotha. Hier ist sein Bildnis aus dem Jahre 1824, gezeichnet und lithographiert von seinem Sohn Paul Emil. Als der Freund und Kollege von Friedrich Jacobs, der Gothaer Bibliothekar Friedrich v. Schlichtegroll 1807 nach München ging um General-Sekretär der von König Maximilian I. Joseph von Bayern neu gegründeten Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu werden, hat er die Berufung von Friedrich Jacobs durch den König nach München vermittelt.
Friedrich Jacobs folgte noch Ende des selben Jahres 1807 der Berufung des Königs, weil er dachte, dass er in der Hauptstadt Bayerns ein besseres Fortkommen für sich und seine Kinder haben würde als in der Kleinstadt Gotha. Er bekam eine Stelle als Lehrer für alte Literatur am Lyceum, wurde zum Hofrat ernannt und zum ordentlichen Mitglied der Philologisch-Historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Die Akademie der Wissenschaften befindet sich heute in der Alten Residenz und bewahrt noch eine Personalakte über Friedrich Jacobs auf, die aber bisher nicht eingesehen werden konnte.
Außerdem erhielt er die ehrenvolle Berufung, zum Privatlehrer des bayerischen Kronprinzen, des späteren König Ludwig I., dem er Vorlesungen über Kunst und Kultur der alten Griechen hielt. Diese wurden nach seinem Tode aus seinem Nachlass 1852 herausgegeben und gedruckt unter dem Titel: „Hellas“. Der Abschied von Gotha und seiner Professur am Gymnasium fiel ihm nicht leicht. Seine Schüler, die ihn verehrten, widmeten ihm eine Dankadresse, die gedruckt erhalten ist. Der Wechsel von den bekannten Verhältnissen Gothas in das unbekannte große München fiel Friedrich Jacobs nicht leicht. An seinen Freund und Kollegen am Gymnasium in Gotha Friedrich KRIES schreibt er am 11. November 1807, eine Woche nach seiner Ankunft in München:
„München d. 11. Nov. 1807. Seit acht Tagen sitze ich nun in dieser prächtigen Königsstadt mit demüthigem und niedergeschlagenem Gemüthe. Die ganze tolle Stadt treibt um mich her; alle jagen nach etwas; die einen nach Gunst, die andern nach Ruhm, die meisten nach Vergnügen; indeß meine Gedanken nach meinen Freunden und meiner Vaterstadt gekehrt sind, die ich verlassen habe – ich weiß selbst nicht recht warum; und nach denen ich mich nun sehne, weil ich leider nur allzu gut weiß, daß sie durchaus unersetzlich sind. Wäre ich als Reisender hier, um auf einige Zeit die mannichfaltigen Schätze dieser Stadt zu beschauen, in ihr zu lustwandeln, ihre berühmten Männer zu besuchen, so würden mich die Tage und Wochen nicht gereuen, die ich auf diesen Müßigang wenden möchte; aber wenn ich mir in diesem umhertreiben bisweilen bestimmt sage, daß ich hier bleiben müße, weil ich mir den Rückweg verschloßen habe, so überfällt mich bisweilen eine Erstarrung, die einem paralysirenden Schrecken ganz ähnlich sieht.“
Die Amtstätigkeit in München gestaltete sich für Friedrich Jacobs sehr schwierig, da der Neid und die Eifersucht der Altbayern gegen die aus dem Norden Deutschlands nach Bayern berufenen Gelehrten, die sogenannten 'Nordllichter', seine Arbeit durch Intrigen und Verleumdungen behinderten. In seiner Autobiographie 'Personalien', im 7. Band seiner Vermischten Schriften, schildert Friedrich Jacobs, in dem Abschnitt 'Aretinische Händel' die Angriffe auf seine Person und Arbeit, sodaß schließlich der Kronprinz Ludwig eingreifen mußte, zu dem er ein besonders nahes Verhältnis hatte. Ludwig war ein sehr kunstliebender Mensch, der u. a. in Rom die deutschen Künstler förderte; er kaufte dort die Villa Malta als Künstler-Refugium, woran später auch Emil Jacobs profitierte.
Die Gestaltung der Hauptstadt Bayerns durch Ludwig I. in griechisch-römischer Formenkultur ist nicht zuletzt den Vorlesungen über griechische Kultur von Friedrich Jacobs zu verdanken: eine Untersuchung dieses Einflusses wäre eine dankenswerte Aufgabe. „Die städtebaulichen und die sammlungspolitischen Weichen wurden bereits in Ludwigs Kronprinzenzeit, in dem Jahrzehnt zwischen 1814 und 1824, gestellt; die Realisierung zog sich über ein halbes Jahrhundert hin[2]."
König Max I. Joseph stiftete am 17. Mai 1808 den Bayerischen Zivilverdienstorden, der mit der Erhebung in den Adelsstand verbunden war: unter den ersten Ordensträgern war auch der nunmehrige Friedrich Ritter v. Jacobs, während die meisten Altbayern, die sich auch den Orden erhofft hatten, übergangen waren, was wiederum ein Stein des Anstoßes und Eifersucht wider die Nordlichter war. Übrigens hat Friedrich Jacobs von dieser Nobilitierung nie Gebrauch gemacht, dem Beispiel unseres gemeinsamen Ahnherrn, des Vizekanzlers Johann Jacobs folgend, der das Anerbieten des dänischen Adels abgelehnt hatte[3].
Die Anfeindungen in München, denen Friedrich Jacobs 3 Jahre lang standgehalten hatte, bewogen ihn schließlich, das Angebot des Herzogs August von Sachsen-Gotha-Altenburg anzunehmen auf die freigewordene Stelle des Oberbibliothekars der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha auf Schloss Friedenstein, heutige Forschungsbibliothek der Unversität Erfurt.
Ende 1810 verlässt Friedrich Jacobs mit seiner Familie München und kehrt nach Gotha zurück. Kurz vor seinem Weggang hält er noch am 12. Oktober 1810 eine akademische Rede anläßlich des königlichen Namenstages, die auch gedruckt wurde. An demselben Tag wurde Kronprinz Ludwig mit einer thüringischen Prinzessin in der Hofkapelle der Residenz zu München getraut. Der König bedauerte seinen Weggang sehr und versuchte auf verschiedene Weise, vor allem durch eine persönlich Unterredung mit dem ersten Staats-Minister Graf v. Montgelas, ihn davon abzuhalten. Aber er hatte bereits sein Wort dem Gothaer Herzog gegeben, und fand sich nicht in der Lage unter den gegebenen Verhältnissen, seinen Dienst in München weiterhin erfolgreich auszuüben, auch wenn er durch den Wechsel die Hälfte seines Gehaltes einbüßte.
Friedrich Jacobs blieb jedoch mit dem bayerischen Königshause in gutem Einvernehmen trotz seines Abschieds aus dem bayerischen Dienst. In seiner Autobiographie schreibt er: „Die königliche Familie hatte zu allen Zeiten die gnädigsten Gesinnungen gegen mich gezeigt; und alle Briefe, mit denen mich des Königs Majestät, der Kronprinz (Ludwig I.) und seine Gemahlin (Therese v. Sachsen-Hildburghausen => auf ihre Hochzeit geht das Oktoberfest auf der nach ihr bekannten Theresienwiese zurück) auf die Zusendung mehrerer meiner Schriften beehrt haben, enthalten, außer dem gnädigsten Danke, die freundlichsten Aeußerungen des Bedauerns über meine Trennung von Baiern. Ein zweimaliger Besuch, den ich in den Jahren 1818 und 1825 in München machte, erneuerte die alten Verbindungen, und gab zu neuen Gelegenheit. Bei jedem dieser Besuche genoß ich das Glück, dem hochverehrten, allgeliebten Max Joseph, auf seinen ausdrücklichen Befehl, meine Huldigung in Nymphenburg darzubringen, und jedesmal mit einer Güte empfangen zu werden, an die ich nicht ohne Rührung denken kann. Am 2. August 1825 sah ich ihn zum letztenmale, ungebeugt vom Alter und herzlich wie immer. Wenige Monate nachher entschlief er, ohne Krankheit und ohne Schmerz. Sein Tod wurde von seinem ganzen Volke wie der Tod eines zärtlichen und geliebten Vaters beweint.“ (Fr. Jacobs, Personalien, S. 127)
Paul Emil Jacobs
, * 1802, + 1866, ist ein weiterer 'Münchener' aus unserer Familie; er ist das jüngste Kind und der vierte Sohn von Friedrich Jacobs und seiner ersten Frau Christiane SEIDLER, Cousine der Goethe-Malerin Louise Seidler; mit seiner Familie war er bereits als Kind in der Zeit von 1807 bis 1810 in München.
Dass er als 15jähriger ab 1818 seine Kunststudien an der Akademie der Künste zu München beginnen konnte, verdankte er der Bekanntschaft, die sein Vater „mit jener reichbegabten Anstalt und ihrem damaligen Vorstande Peter v. LANGER und seinem trefflichen Sohn Robert v. Langer gemacht hatte.“ (Personalien S. 126)
- ↑ Dieser Essay wurde als Vortrag gehalten auf dem 8. Familientag JACOBS im Hotel Azimut in München – Zamdorf am 10. Mai 2018
- ↑ Hubert Glaser, König Ludwig I. von Bayern als Protektor der Künste, in: Ludwig I. und die neue Pinakothek, München 2003, S. 19
- ↑ Fr. Jacobs, Personalien, Vermischte Schriften, 7. Bd., S. 301 ff Johann Jacobs; digital zu lesen unter: https://books.google.de/books?id=KWM6AAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=Friedrich+Jacobs+personalien&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjHydH4iY3bAhWENpoKHUxwBqMQ6AEIJzAA#v=onepage&q=Friedrich%20Jacobs%20personalien&f=false