Gallettis Verleger

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von Dr. Helmut Roob aus dem Jahr 2000

Die meisten Werke unseres Gothaer Historiographen sind in der Verlagsbuchhandlung von Carl Wilhelm Ettinger (1738–1804) erschienen. Er war neben Rudolph Zacharias Becker und Justus Perthes der bedeutendste Verleger der Aufklärungszeit in der Residenzstadt Gotha, die damals mit 11–12 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Thüringen war. Allein das Verzeichnis „Drucke Gothaer Verleger von 1750–1850“, freilich nicht vollständig, weist über 230 Titel im Bestand der Forschungsbibliothek Gotha auf Schloss Friedenstein nach; nach anderen Angaben sollen es sogar 400 gewesen sein, aber wahrscheinlich sind die zahlreichen Jahrgänge der bei Ettinger erschienenen Zeitschriften einzeln gezählt worden. Darunter sind so bedeutende Periodika wie H. A. O. Reichards „Theater-Journal für Deutschland“ (1777–1784) und dessen „Theater-Kalender“ (1775–1800) und die „Gothaischen Gelehrten Zeitungen“ (1787–1804).

Auch französische Literatur, z. T. Übersetzungen, waren im Programm des Gothaer Verlegers, der von 1784 bis 1790 das Gesamtwerk des französischen Philosophen und Schriftstellers Voltaire in 71 Bänden in französischer Sprache als erste Gesamtausgabe auf deutschem Boden herausbrachte. Literatur in lateinischer Sprache, damals noch in Gelehrtenkreisen üblich, ist hier noch selbstverständlich. Überhaupt findet man bei Ettinger ein breites Spektrum kulturgeschichtlicher Literatur, aber auch naturwissenschaftliche Bücher fehlen bei ihm nicht.

Allein über 20 Titel, die erweiterten bzw. umgearbeiteten Auflagen nicht mit gerechnet, aus der Feder Gallettis sind bei Ettinger erschienen, der offenbar sein erfolgreichster Autor war! Ankündigungen und Rezensionen in den einschlägigen Zeitschriften wie den „Gothaischen Gelehrten Zeitungen“ trugen dazu bei, sicher auch die Aktualisierungen und Erweiterungen in den Nachauflagen und Neubearbeitungen wie bei den verschiedenen „Staatenkunden“ (s. S. 8), die in der bewegten Zeit zwischen französischer Revolution und Wiener Kongreß von 1789 bis 1815 gefragt waren.

Aber nicht allein Gallettis und Voltaires Werke haben Ettingers Ruf in der Welt des Buchhandels verbreitet, sondern auch der „Almanac de Gotha“ (1776–1815) und der „Gothaische Hofkalender“ (1776–1815), aus dem sich dann der „Gotha“, d. h. die Gothaischen Genealogischen Taschenbücher als Verzeichnisse der adligen Familien entwickelt haben. Beide – Almanac und Hofkalender – hatte er 1774 von seinem Lehrherrn Johann Christian Diederichs mit dessen Verlagsbuchhandlung übernommen, als dieser nach Göttingen ging. Zur Förderung seines Unternehmens war Ettinger 1778 mit dem Gothaer Kaufmann Fr. Dürfeldt und mit Justus Perthes, der sich aber 1785 als Verleger selbständig machte, eine „Handlungs-Societät“ eingegangen, so dass auch er nun als alleiniger Firmeninhaber seinen Verlag erfolgreich weiterbetrieb. Nach seinem Tod (1804) führte seine Witwe Caroline Ettinger mit ihrem Sohn das Verlagsgeschäft weiter und verkaufte es schließlich 1819 an den Buchhändler Carl Gläser, dessen Namen noch heute die älteste Gothaer Buchhandlung als Firmennamen führt.

Bei dem erwähnten Verlagsbuchhändler Justus Perthes (1749–1816), der nicht mit seinem Neffen und gleichnamigen Verleger Friedrich Perthes (1772–1843) zu verwechseln ist, sind nur drei Werke Gallettis erschienen, davon 1801 die umfangreiche „Geschichte des türkischen Reiches“, das seit Jahrhunderten die Geschichte Europas beeinflußte. Die anderen beiden Bücher waren eine kurze „historisch-statistisch-topographische Darstellung im Umriß des französischen Kaiserthums“ (1814), die ein Jahr später, nach dem endgültigen Abgang Napoleons, unter dem Titel „Frankreich“ erschien. 1816 erschien dann bei Justus Perthes die erste Lieferung des von Adolf Stieler erarbeiteten „Hand-Atlas“, mit welcher der Grundstein für den späteren Weltruf dieses Verlages in der Atlas- und Schulkartographie gelegt wurde.

Als dritter Verlag mit Werken Gallettis ist die Verlagsbuchhandlung von Wilhelm Hennings († 1838) zu nennen, der auch in Erfurt wirkte und deshalb oft „Gotha und Erfurt“ als Verlagssitz angab. Er hatte auf Initiative eines „Vereins von Historikern unter Mitarbeit von Galletti“ seit 1826 eine „Cabinets-Bibliothek der Geschichte“ herausgegeben, für die unser Gothaer Historiograph noch zu seinen Lebzeiten vier Bändchen geschrieben hat (s. S. 9). Dem Zug der Zeit folgend wollte dieser kaum bekannte Historiker-Verein mit seinen Publikationen dem damaligen europaweiten Interesse am Freiheitskampf der Griechen gegen die türkische Herrschaft auf dem Balkan Rechnung tragen und über die geschichtliche Entwicklung der dortigen Ereignisse breite Leserkreise informieren. So sind die wenigen Bücher von Galletti, die nicht bei Ettinger erschienen sind, Ausnahmen.

Dr. Helmut Roob

Literatur:

  • Küttler, Otto; Preuß, Irmgard: Drucke Gothaer Verleger 1750–1850, Gotha 1965.
  • Köhler, Franz: Justus Perthes – In: Gothaer Geographen u. Kartographen, Gotha 1985.
  • Roob, Helmut; Scheffler, Günter: Gothaer Persönlichkeiten, Arnstadt/Weimar 2000.